Tag 352: Die Folterklasse aus Hildesheim
Die Misshandlung eines Berufsschülers in der Hildesheimer Werner-von-Siemens-Schule...
Die Misshandlung eines Berufsschülers in der Hildesheimer Werner-von-Siemens-Schule schockiert im Februar 2004 die ganze Stadt. Die „Folter-Klasse“ macht international Schlagzeilen. 17 Wochen lang wurde ein 17-Jähriger von seinen Mitschülern gequält. Erst Knuffe an den Kopf, Boxhiebe an den Oberarm, ständig Tritte, die er in den Klassenräumen, auf den Gängen und auf dem Pausenhof einsteckt. Elf der zwölf Schüler in der Klasse schlagen zu. Manchmal sogar mit Eisenteilen. All das passiert während der Unterrichtszeit – meist im unbeaufsichtigten Materiallager. Die Täter zwingen ihr Opfer, Kreide zu essen. Er muss einem der Haupttäter die Füße küssen. Sich ausziehen, Zigaretten essen. Und einer der Täter nimmt die Tortur noch mit einer Kamera auf und lädt die Szenen im Internet hoch.
Doch der Terror fliegt auf. Eine Mitschülerin hatte die Sozialpädagogin an der Berufsschule informiert. Die gesamte Klasse muss zum Verhör. Fünf Wochen dauern die Ermittlungen, dann erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen elf Schüler. Die Ermittlungsakte umfasst vier Bände, allein die Anklageschrift ist 32 Seiten lang. Die drei Hauptangeklagten werden schließlich zu Jugendhaftstrafen ohne Bewährung zwischen 14 und 18 Monaten verurteilt, der Rest erhält Bewährungsstrafen. Schon zu Prozessbeginn hatten sich Verteidiger und Staatsanwaltschaft auf die grobe Linie der möglichen Strafen geeinigt. Im Gegenzug legten die Jugendlichen umfangreiche Geständnisse ab und entschuldigten sich per Handschlag bei ihrem Opfer.